BRLN

Zwischen den Bäumen

Auftraggeber: Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung
Ort: Berlin-Steglitz
Auftragsumfang: LPH 2-8
Auftragsart: EU-weit offener Wettbewerb
Planung: 2022-2024
Realisierung: ab 2024
Status: in Bearbeitung
BGF: 1.720 m²
Auszeichnung: 1. Preis

Die Leitidee besteht darin, das Grundstück mit seiner intensiven Bepflanzung durch Bestandsbäume anzunehmen und die Architektur in die Lichtung einzufügen. Das Gebäude nimmt sich gegenüber den Bäumen zurück und wir betreiben gewissermaßen architektonische Aufforstung auf der Lichtung. Einzig an der süd-westlichen Grundstücksgrenze werden zwei Bäume entfernt, so dass die Kindertagesstätte zum Straßenraum sichtbar wird. Hier öffnet sich die Kindertagesstätte mit einer einladenden Geste zum öffentlichen Raum. Dem Entfernen der insgesamt drei Bäume steht die Neupflanzung mit 44 Bäumen entgegen, die insbesondere im Eingangsbereich zur Geltung kommt. Beim Betreten des Gebäudes wird der Blick bereits in den Garten gelenkt, sodass auch für Eltern der naturverbundene Charakter des Ortes erfahrbar wird.

Durch die Verdichtung der vorhandenen Bäume wird eine waldähnliche Atmosphäre geschaffen werden, die durch die unversiegelten Flächen im Gartenbereich unterstrichen wird. Bedeckt mit Rindenmulch sowie Sand wird in Kombination mit einer Unterpflanzung der Bäume mit Farnen und Heidelbeersträuchern ein Waldboden geschaffen. Die Entscheidung die Bäume zu erhalten und zusätzlich neue anzupflanzen trägt Symbolwirkung für eine grüne Stadt trotz angestrebter Verdichtung!
Dicht gepflanzte Bäume schaffen ein Mikroklima, spenden Schatten, geben große Mengen Sauerstoff ab und verdunsten viel Wasser, wodurch die Temperatur gesenkt wird. Im städtischen Kontext wirkt sich diese Qualität hinsichtlich gesunder Lebensumgebung positiv aus.
Das Gebäude gliedert sich in drei klar ablesbare Teile, denen die Funktionen konkret zugeordnet sind.

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Im süd-westlichen Teil des Gebäudes befinden sich die Personal- und Serviceräume, die anderen beiden Gebäudeteile beherbergen die Gruppenräume.
Die Kindertagesstätte baut sich in drei Schichten auf, in der Analogie eines Waldes. Unten im Stammbereich befinden sich die Ankunft, die Räume zur Interaktion zwischen Erziehern und Eltern sowie die Krippengruppen mit den 0-3-jährigen Krippenkindern. Der Ausgang zum Außenbereich der Krippe, der sich im Nord-West-Teil des Gartens befindet ist ebenerdig und somit selbst im Krabbelalter eigenständig zu erreichen.
Für die Kindergartenkinder ist das Treppenlaufen mit der gestiegenen Mobilität ein Kinderspiel. Ihre Gruppenräume befinden sich im Obergeschoss, in Anlehnung an die Baumkronen. Die Kinder sind heutzutage von langen Betreuungszeiten betroffen und benötigen daher Rückzugsräume um sich den vielen Reizen zu entziehen und ‚die Seele baumeln zu lassen‘. So befinden sich in den freien Bereichen des Obergeschosses ‚breakout spaces‘ mit unterschiedlichen Atmosphären, eine Bilderbuchecke, eine Ruhe-, eine Bau- und eine Malecke. Aus diesen Bereichen schauen die Kinder direkt in die Kronen der umliegenden Bäume und können ihre Blicke schweifen lassen und entspannen. Laut der japanischen Wissenschaft des Waldbadens beruhigt die Farbe Grün die Nerven und stimuliert das Immunsystem.
Die großzügig angelegte Treppe stellt durch ihre Formgebung und ihre Wegeführung eine Verbindung zwischen den Baumkronen- und dem Gartenbereich dar. Die Außenbereiche von Krippe und Kindergarten sind nicht hermetisch voneinander getrennt, sondern erlauben den größeren Krippenkindern mit dem Wachsen ihrer Selbständigkeit, nach und nach aus ihrem geschützten Raum heraus die Bereiche der ‚Großen‘ zu erobern. Der Entwurf sieht vor, ein weiteres Geschoss auf den Kindergarten aufzusetzen, was laut B-Plan zulässig ist. So wird die Grundfläche der Kindertagesstätte minimiert, sodass der Außenbereich sehr großzügig ausfällt. Der unversiegelte Boden bietet den Kindern Inspiration zum Bauen und Gestalten. Über das Dachgeschoss werden die Dachterrassen erschlossen, die den jeweiligen Nutzungen direkt zugeordnet sind.

Der große Bewegungsraum lässt sich durch seine Faltschiebefensteranlage vollständig mit dem Terrassenbereich verbinden. Hier können Bobbycars und Laufräder zum Einsatz kommen, die einer befestigten Fläche bedürfen. Weitere Funktionen in diesem Geschoss sind die besonderen Räume wie das Atelier, das Musikzimmer, der Bauraum und der Werkraum. Diese Nutzungen sind offen für die Krippe und den Kindergarten, sprechen aber insbesondere die älteren Kinder in Vorbereitung auf die Grundschule an.
Als Anlehnung an Baumkronen, wo sich die Bäume bereits lichten, nimmt sich das Dachgeschoss gegenüber dem darunterliegenden Geschoss in seinen Ausmaßen zurück. Formal erinnern die drei Volumen an Baumformationen, die besonders im Erd- und Obergeschoss klar abzulesen sind und zwischen denen die Bewegungsströme hindurchfließen. Im Erdgeschoss können in den offenen Verkehrsflächen dank eines robusten Fußbodens die Türen bei warmen Temperaturen offen gehalten werden. Dies hat zur Folge, dass der Innen- und Außenraum ineinander fließt. Im Obergeschoss löst sich die Holz-Fassade von den Kronen und umschließt auch die Zwischenräume organisch und spielerisch. Hierdurch wird das räumliche Wechselspiel zwischen den Bäumen und dem Gebäude verdeutlicht.

Bauweise und Gebäudetechnik
Im Konzept fließt der Anspruch ein mit ganzheitlichem Ansatz nachhaltig zu agieren, nicht nur in der Errichtung und dem Betrieb des Gebäudes, sondern auch in der frühkindlichen Sensibilisierung für die Natur. Als Bauweise ist vorgesehen den Keller und die aussteifenden Kerne der drei Module in Stahlbeton auszuführen. In den Modulen der Kindergarten- und Krippenräume umschließen die Gruppen- und Gruppennebenräume zusammen mit der gemeinsamen Garderobe die Kerne in Holzbauweise. Die Wände sind in Holzrahmenbauweise und die Decken als Brettstapeldecke geplant. Die Außenwände in allen drei Geschossen erhalten Holzfassaden. Als Energieversorger werden geothermische Tiefenbohrungen und Solarmodule genutzt werden. Das Regenwasser kann dank Zisternen zur WC-Spülung und Bewässerung des Gartens genutzt werden. Die Experimentierfläche mit den Wasserspielelementen bietet die Möglichkeit dieser Weiterverwendung auch für die Kinder erfahrbar zu machen. Der Nutzgarten mit Kompost dient ebenfalls dazu, den Kindern den Kreislauf der Natur nahezubringen. Die durch unser Gebäude nachhaltig geprägte Sichtweise der Kinder wird auf dem weiteren Lebensweg weitergetragen und legt einen Baustein für eine Gesellschaft, die verantwortungsbewusst mit natürlichen Ressourcen umgeht.